Kognitive Verhaltenstherapie

Die kognitive Verhaltenstherapie (KVT) ist eine wissenschaftlich fundierte Psychotherapiemethode. Wörtlich übersetzt bedeutet Psychotherapie Behandlung der Seele bzw. seelischer Probleme. Es geht dabei um die intensive Auseinandersetzung mit dem eigenen Denken, Fühlen und Handeln. Diese Auseinandersetzung wird angeleitet von einem Psychotherapeuten. Psychotherapie kann als Einzel-, Paar-, Familien- oder Gruppentherapie durchgeführt werden. Über eine Psychotherapie sollten Sie nachdenken, wenn Sie ...

  • sehr ängstlich sind und sich ständig Sorgen machen,
  • sehr niedergeschlagen sind und sich über nichts mehr freuen können,
  • nicht mehr in der Lage sind, Ihre Alltagspflichten zu erledigen,
  • Sie zuviel Alkohol oder Tabletten zu sich nehmen,
  • unter Schmerzen, Schwindel, Schlafstörungen oder sonstigen körperlichen Beschwerden leiden und Ihr Arzt keine Ursache feststellen kann,
  • versucht haben, sich selbst zu helfen, aber keinen Rat mehr wissen.

Sie erkennen einen qualifizierten Psychotherapeuten der über die staatliche Erlaubnis Sie zu behandeln verfügt, wenn Sie auf dem Praxisschild eine der folgenden Berufsbezeichnungen finden:

  • Psychologische/r Psychotherapeut/in
  • Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut/in
  • Facharzt/Fachärztin für (Kinder- und Jugendlichen-)Psychiatrie und Psychotherapie
  • Facharzt/Fachärztin für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie

Alle in unseren Praxen arbeitenden Psychotherapeut*innen sind in der Behandlungsmethode "Kognitive Verhaltenstherapie" ausgebildet. Die Kognitive Verhaltenstherapie ist ein wissenschaftlicher klinisch-psychologischer Ansatz, der sich ursprünglich aus der kognitiven Therapie von Aaron T. Beck (geb. 1921) und der Verhaltenstherapie von Joseph Wolpe (geb. 1915) zusammensetzt. Für die Wirksamkeit der Psychotherapiemethode existieren stichhaltige empirische Beweise. Die kognitive Verhaltenstherapie vereint eine Vielzahl unterschiedlicher Techniken und Behandlungsansätze und kommt bei Problemen mit Krankheitswert zur Anwendung. Hierbei orientiert sich die kognitive Verhaltenstherapie an der empirischen Psychologie, ist transparent, handlungsorientiert und bemüht sich um ständige Weiterentwicklung.

Wir koordinieren die Versorgung von Menschen in unseren Praxen mit psychischen Erkrankungen umfassend. Bei Notwendigkeit können wir folgende Maßnahmen einleiten (ggf. existieren hier Unterschiede zwischen gesetzlich versicherten Patienten und privat versicherten Patienten):

  • Ausstellung der AU, ausschließlich bei privat versicherten Patienten (Nur die gesetzliche Krankenversicherung hat die Bescheinigung von Erwerbsunfähigkeit ausschließlich Ärzten vorbehalten: § 73 Abs. 2 SGB V.). Vertretungen des Berufsstands setzen sich dafür ein, dass die Befugnis auf die Psychologischen Psychotherapeuten ausgeweitet wird. 
  • Verordnung von Rettungsfahrten, Krankenfahren und Krankentransporten
  • Verordnung von Krankenhausbehandlung z.B. im Notfall
  • Verordnung von Soziotherapie
  • Verordnung von medizinischer Rehabilitation
  • Verordnung von Ergotherapie
  • Verordnung von psychiatrisch häuslicher Krankenpflege
  • Verordnung von DIGAs (Digitale Gesundheitsanwendungen)

Sie können unsere Leistungen bei psychischen Erkrankungen auch ohne Überweisung z.B. Ihres Hausarztes in Anspruch nehmen (Erstzugangsrecht). Häufig wird Ihnen jedoch Ihr Hausarzt eine Psychotherapie bei Notwendigkeit empfehlen und eine entsprechende Überweisung ausstellen.

Eine häufig gestellte Frage in unserer Praxis lautet "Soll ich Medikamente nehmen oder reicht eine Psychotherapie aus?". Diese Frage ist nur individuell zu beantworten. Bei vielen psychischen Erkrankungen ist die Psychotherapie die Behandlung der Wahl. Bei schwereren psychischen Erkrankungen ist die Kombination einer Psychotherapie mit einer medikamentösen Behandlung (Psychopharmaka) sinnvoll. Bei Notwendigkeit empfehlen wir Ihnen eine zusätzliche Behandlung mittels Psychopharmaka. Wir arbeiten eng und vertrauensvoll mit Psychiater*innen sowie Neurologie*innen zusammen. 

Jack Dekker: What Is the Best Sequential Treatment Strategy in the Treatment of Depression? Adding Pharmacotherapy to Psychotherapy or Vice Versa? Psychother Psychosom 2013;82:89–98, DOI: 10.1159/000341177

H. Schauenburg, T. Bschor: Sollten leichte Depressionen ausschließlich psychotherapeutisch behandelt werden? Pro; Nervenarzt 2013, 84:386–387, DOI 10.1007/s00115-012-3728-x

Die Frage, ob Psychologische Psychotherapeuten in Deutschland Psychopharmaka verordnen sollten, wird im Berufsstand kontrovers diskutiert.

https://econtent.hogrefe.com/doi/pdf/10.1026/0033-3042/a000367

Kognitive Verhaltenstherapie bietet u.a. Hilfe bei folgenden psychischen Störungen.

Affektive Störungen

(Unipolare) Depression

Von einer unipolaren Depressionen spricht man, wenn die Person von einer depressiven Stimmung in hohem Ausmaß betroffen ist. Hinzu kommen andauernde Freudlosigkeit, Desinteresse, ein verminderter Antrieb oder im Zuge dessen auch gesteigerte Ermüdbarkeit. Auch verminderte Konzentration und Aufmerksamkeit, sowie ein geringes Selbstwertgefühl und Schuldgefühle können Anzeichen sein. Eine depressive Episode hält im Durchschnitt fünf Monate an. Jedoch durchleiden ca. 80% der Menschen mehr als eine Episode. Hinzu kommt die hohe Komorbidität, d.h. es besteht ein erhöhtes Risiko, dass eine Depression mit anderen Störungen, wie z.B. Angststörungen, einhergeht.

Dysthymia

Unter der Dysthymia wird eine chronische d.h. mindestens 2 Jahre, andauernde leichte depressive Verstimmung verstanden.

Die Kognitive Verhaltenstherapie hat sich bei der Behandlung von Depressionen als sehr erfolgreich erwiesen. Wichtig ist dabei vor allem, Blockaden zu erkennen, Alternativen zu suchen und diese zunächst gemeinsam mit dem Therapeuten und später allein auszuprobieren. Dazu eignet sich der Patient im Laufe der kognitiven Verhaltenstherapie bestenfalls verschiede Strategien zum Problemlösen und zur Bewältigung an und bekommt Übungen an die Hand, wie er diese Fertigkeiten auch allein im Alltag umsetzen kann

Bipolare Störung

Die bipolare Störung ist gekennzeichnet durch den Wechsel von jeweils ausgeprägten Hoch- und Tiefphasen, sog. manischen und depressiven Episoden. Befindet sich die Person in einer manischen Phase, ist diese meist geprägt von einem gesteigerten Selbstwertgefühl, Größenideen, leichter Ablenkbarkeit, Aggressivität (z.B. bei Kritik) und einer Aktivitätssteigerung, die meist auch mit vermindertem Schlafbedürfnis einhergeht. Das genaue Gegenteil stellt die derpressive Symptomatik dar. Wie auch bei der unipolaren Depression, leidet die Person unter depressiver Verstimmung, vermindertem Interesse, Schlaflosigkeit (Allerdings ohne Aktivitätssteigerung), Müdigkeit und Wertlosigkeit. Auch Suizidideen sind in dieser Phase nicht selten. Personen mit einer bipolaren Störung verspüren durch den ständigen Wechsel einen enormen Leidensdruck.

Sowie auch bei der unipolaren Depression ist die Kognitive Verhaltenstherapie der richtige therapeutische Weg, zudem spielt die detaillierte Selbstbeobachtung eine entscheidende Rolle bei der Symptombewältigung und der angemessenen Anpassung an die Krankheit.

Angststörungen

Agoraphobie und Panikstörung

Agoraphobien und Panikstörungen sind die häufigsten Angsterkrankungen. Bei einer Panikstörung tritt die Angst meist spontan und ohne erkennbare Gefahr auf. Die Agoraphobie ist durch ein grundlegendes Vermeidungsverhalten von Orten, von denen eine Flucht in eben solch einer Panikattacke schwierig sein könnte, gekennzeichnet (Agoraphobien können jedoch auch ohne Panikattacken auftreten). Da die Betroffenen in einem solchen Fall von Angst meist ein hilfesuchendes Verhalten oder einen Fluchtimpuls zeigen, stellt es für sie meist eine Schwierigkeit dar, sich von zu Hause oder einer anderen geschützten Umgebung zu entfernen und vermeiden große Plätze oder Menschenmengen. Es handelt sich dabei nicht zwingend um spezifische Orte, da die Personen keine bestimmte angstauslösende Situation fürchten, sondern den Panikanfall an sich. Dieser geht meist mit Herzrasen, Atemnot, Schwindel, Benommenheit oder auch einem Druck- und Engegefühl in der Brust einher. Entscheidend ist hierbei die subjektive Interpretation solcher Empfindungen, wie bspw. die Angst vor dem Tod oder dem Kontrollverlust.

In der Kognitiven Verhaltenstherapie werden diese Fehlinterpretationen der körperlichen Symptome mit Hilfe von Verhaltensexperimenten korrigiert und das zugrunde liegende Störungsmodell vermittelt. Zudem ist es unerlässlich, sich zusammen mit dem Therapeuten in die gefürchteten Situationen zu begeben, um zu merken, dass Angst nicht gefährlich ist. Natürlich werden diese Schritte zuvor sorgfältig besprochen und geplant, sodass sich niemand allein seiner Angst stellen muss. Studien zeigen, dass 80% der Patienten nach der Behandlung anfallsfrei sind.

Soziale Phobie

Die soziale Phobie beschreibt eine dauerhafte Angst vor sozialen oder Leistungssituationen, die von großer Versagensangst und der Erwartung von negativer Bewertung geprägt ist. Infolge dessen zeigt die Person ein starkes Vermeidungsverhalten gegenüber Situationen, in denen sie sich dieser Angst stellen müsste und ist somit beruflich und privat meist sehr eingeschränkt. Hinzu kommt oftmals ein sozial wenig angemessenes Verhalten. Zu den Symptomen, die in solchen Situationen auftreten können bzw. die gefürchtet werden, gehören Erröten oder Zittern, die Angst vor dem Erbrechen oder ein starker Drang zum Stuhlgang oder zum Urinieren.

Auch hier hat sich die Kognitive Verhaltenstherapie als sehr effektiv erwiesen. Mit Hilfe von Rollenspielen oder auch Videofeedback, können die Patienten eine realistische und objektive Einschätzung ihrer gefürchteten Symptome vornehmen und im folgenden bestenfalls zu einer positiveren Selbsteinschätzung gelangen. Zudem lernen sie in der kognitiven Verhaltenstherapie Entspannungsverfahren zur Reduktion körperlicher Anspannung (z.B. Muskelentspannung oder autogenes Training) und vor allem die Akzeptanz ihrer körperlichen Symptome in den entsprechenden Situationen.

Spezifische Phobie

Anders als bei der Panikstörung, bezieht sich die Angst bei der spezifischen Phobie auf ein bestimmtes Objekt oder eine bestimmte Situation. Man unterscheidet zwischen dem Tier- und Umwelttypus, dem Blut-, Spritzen- und Verletzungstypus und dem situativen Typus. Die Angst ist in der Regel unbegründet und übertriebene, also den Situationen nicht angemessen. Meist beginnt diese Erkrankung schon in der Kindheit, da man häufig schon durch das familiäre Umfeld geprägt wird und sozusagen am „Modell“ lernt.

In der Kognitiven Verhaltenstherapie ist die Methode der Konfrontation mit dem angstauslösenden Reiz das Mittel der Wahl. Dieses Verfahren wird zuvor besprochen, geplant und in kleinen Schritten durchgeführt. Das Ziel ist es, dass es in den angstauslösenden Situationen zu keiner Flucht- oder Vermeidungsreaktion kommt. Der Patient bleibt letztlich so lange in der Situation, bis die Angst nachlässt. So kann nach und nach revidiert werden, dass die erwartete Katastrophe tatsächlich eintritt und die Angstreize bekommen für den Patienten eine andere Bedeutung.

Generalisierte Angststörung

Die generalisierte Angststörung (GAS/GAD) gehört zu den häufigsten psychischen Erkrankungen. Betroffene leiden unter exzessiven, allgemeinen und vielfältigen Sorgen und Befürchtungen. Diese sind nicht auf bestimmte Situationen begrenzt, sondern beziehen sich meist auf die verschiedensten Themen im Alltag. Die Ängste unterscheiden sich nicht zwingend inhaltlich von den Sorgen gesunder Personen, es handelt sich viel mehr um die Dauer und die Intensität der Gedanken. Körperliche Symptome, die mit den Sorgen einher gehen können, sind bspw. Schlaflosigkeit, Herzrasen, Übelkeit oder Schwindel. Hinzu kommt ein sog. Sorgenverhalten, wobei es sich um bestimmte Rituale  oder auch um Vermeidung handelt. Dies können Kontrollanrufe bei der Familie sein, oder auch das geschalten von Nachrichten. Werden diese Rituale nicht eingehalten, kommt es meist zu starker Unruhe oder verstärkter Besorgnis.

Die Kognitive Verhaltenstherapie lässt sich hier in zwei Phasen gliedern: die Initialphase, in der der Beziehungsaufbau zwischen Therapeut und Patient im Vordergrund steht und die Haupttherapiephase. Dieser liegt das Ziel zugrunde, die Sorgen und gedanklichen Verzerrungen des Patienten zu verändern, Sorgenverhalten abzubauen und Bewältigungsstrategien, sowie Entspannungsverfahren zu erarbeiten und anwenden zu können.

Zwangsstörungen

Bei den Zwangsstörungen unterscheidet man zwischen Zwangshandlungen und Zwangsgedanken, wobei beides häufig zusammen vorkommt. Betroffene haben einen subjektiven und unüberwindbaren Drang, bestimmte Dinge zu denken oder zu tun, um eine vermeintliche Gefahr abzuwenden. Diese Rituale sind zeitaufwändig und mit einer hohen Belastung verbunden, sind aber in de Regel nicht zu unterlassen. Trotzdem merken die Personen, dass diese Gedanken nicht zu ihnen gehören (ich-dyston) und sehen ein, dass sie übertrieben sind. Bei den Gedanken unterscheidet man zwischen den angstauslösenden, aufdringlichen Gedanken (z.B. „Ich könnte jemandem etwas zu leide tun“) und den Neutralisierungsgedanken (Gegenmaßnahmen). Wichtig ist hierbei, dass diese Impulse (vor allem, wenn sie aggressiv oder obszön sind) so gut wie nie in die Tat umgesetzt werden.

Zu den Zwangshandlungen gehören:

  • Wasch- und Putzzwänge (die Betroffenen haben meist Angst vor Kontamination, auch sexueller Missbrauch kann ein Auslöser sein)
  • Wiederholungs-, Zähl- und Ordnungszwänge (dahinter steckt eine Art magisches Denken, demzufolge Angehörige oder nahe stehende Personen vor etwas bewahrt werden sollen)
  • Zwanghaftes Horten oder Sammeln (beinhaltet das nicht-wegwerfen können von unnützen Dingen)

Im Zusammenhang mit Zwangsgedanken stellen diese Handlungen die Gegenmaßnahmen zu den aufdringlichen, unerwünschten Gedanken dar.

Die Kognitive Verhaltenstherapie ist dann am erfolgversprechend, wenn mit der Behandlung der Zwänge begonnen wird und erst danach mögliche andere Problembereiche angegangen werden. Zunächst ist es wichtig zu wissen, dass kein objektives, sondern ein subjektives Problem besteht. Da die Patienten weniger mit den Handlung, sondern eher mit den Gedanken Schwierigkeiten haben, wird im folgenden daran gearbeitet, dass diesen nicht mehr so viel Bedeutung zugeschrieben wird. Im besten Fall taucht der Gedanke auf, wird jedoch nicht weiter beachtet und vor allem bleibt die Reaktion (die Neutralisierungsgedanken und Zwangshandlungen) aus.

Psychotische Störungen

Die Schizophrenie ist gekennzeichnet durch Denkstörungen (z.B. Verfolgungswahn), Halluzinationen („Stimmen“) und Ich-Störungen (Gedankeneingebungen). Frühwarnzeichen, die einem chronischen Verlauf vorbeugen können, wenn sie rechtzeitig erkannt werden, sind z.B. Schlafstörungen (wach liegen und grübeln), innere Unruhe oder auch übermäßiges beten. Entscheidend ist, dass die Symptome nicht mit Substanzen in Verbindung stehen. Ein schwieriges Hindernis für die kognitiven Verhaltenstherapie bei schizophrenen Störungen ist häufig die fehlende Mitarbeit des Patienten, da die Erkrankung als der eigenen Person zugehörig wahrgenommen wird. Deswegen ist das erste Therapieziel auch zunächst die Krankheitseinsicht. Es ist wichtig, den Patienten ernst zu nehmen und ihn weder zu über- noch zu unterfordern. Langfristig gesehen stehen soziale Fertigkeiten und eine selbstständige Lebensführung im Fokus. Im Laufe der kognitiven Verhaltenstherapie werden dafür Strategien vermittelt, z.B. zur „Realitätstestung“, zur Verminderung der physiologischen Erregung oder auch zur Einengung oder Veränderung der Aufmerksamkeit. Dabei ist es hilfreich, einen „Krisenplan“ zu erstellen, in dem aktuelle und bisher bewährte Entspannungs- und Bewältigungsstrategien festgehalten werden. In den meisten Fällen ist bei dem Vorliegen einer Psychotischen Störung eine medikamentöse Behandlung Voraussetzung für eine Psychotherapie.

Somatoforme Störungen

Wenn ein Patient über einen Zeitraum von mindestens zwei Jahren über körperliche Symptome (chronische Schmerzen ohne hinreichende körperliche Erklärung, andere körperliche Beschwerden ohne ärztlich feststellbare Ursachen z.B. Beschwerden hinsichtlich Herz, Haut, Magen-Darm, Atmung etc.) klagt, die mit einem hohen Leidensdruck einhergehen, für die jedoch laut medizinischer Diagnostik keine Erkrankung vorliegt, so kann von einer somatoformen Störung ausgegangen werden. Damit einher geht die intensive Bechäftigung mit dem eigenen Körper und dementsprechend auch die Sorge über körperliche Vorgänge und mögliche Krankheiten. Diese Gedanken oder Sorgen können tatsächlich körperliche Symptome beeinflussen, sodass der Betroffene in seiner Vermutung noch bestärkt wird. Die häufigsten Symptome sind Schmerzen im Kopf oder Rücken oder eine subjektiv wahrgenomme Störung des Magen-Darm-Traktes.

Hypochondrie

Unter der Hypochondrie wird die Befürchtung oder Überzeugung an einer (meist schweren) Krankheit zu leiden verstanden. Hypochonder suchen meist verstärkt nach ärztlicher Hilfe und Rückversicherung.

Körperdysmorphe Störungen

Betroffene einer körperdysmorphen Störung beschäftigen sich mit einem Körperteil, welches als hässlich oder entstellt angesehen wird, obwohl objektiv keine oder nur minimale Veränderungen wahrzunehmen sind. Diese übersteigerte Beschäftigungen schafft einen starken Leidensdruck, da vor allem die Rituale zur Überprüfung des eigenen Erscheinungsbildes viel Zeit und Kraft in Anrpruch nehmen (u.a. stundenlanges Betrachten im Spiegel). Häufig vermeiden Betroffene auch soziale Situationen, in denen der wahregnommene Mangel bemerkt werden könnte oder dieser wird durch Kleidung oder viel Schminke kaschiert. Wie bei den somatoformen Störungen sind die Entstehungsfaktoren nicht ganz klar.

Die Kognitive Verhaltenstherapie ist hier in zwei Phasen unterteilt, die erste Phase der Diagnostik und Motivierung des Patienten und die zweite Phase der Interventionen. Diese umfassen Selbstbeobachtungsprotokolle, den Abbau der Fixierung auf das entsprechende Körperteil und auch das Aufsuchen vermiedener Situationen – dieser Aspekt und das Unterlassen der Kontrollrituale ist unvermeidlich für eine erfolgreiche Therapie.

Die somatoformen Störungen galten lange Zeit als kaum therapierbar, doch inzwischen hat sich die kognitive Verhaltenstherapie als das Mittel der Wahl erwiesen. Wichtig zu betonen ist, dass die Betroffenen nicht als „verrückt“ abgestempelt werden, wenn sie vom Arzt zum Psychologen geschickt werden. Die somatoforme Störung an sich ist auch eine Krankheit, nur liegt ihr keine körperliche Erkrankung zugrunde. In der kognitiven Verhaltenstherapie lassen sich die Beschwerden zwar nicht "wegzaubern", wichtige Bausteine sind jedoch Übungen zur Entspannung und zur Aufmerksamkeitsumlenkung, sowie die Veränderung der Befürchtungen oder Überzeugungen, dass eine Krankheit vorliegt (Hypochondrie). Auch eine realistische Gesundheitseinschätzung und eine geringere Frequenz von Arztbesuchen stellen wesentliche Therapieziele dar.

Essstörungen

Bei den Essstörungen unterscheidet man zwischen der Anorexia nervosa, der bulimia nervosa der binge eating disorder und der Adipositas.

Anorexia nervosa

Die Anorexia nervosa, oder auch Magersucht, gehört zu den Essstörungen. Betroffene weigern sich, ausreichende Mengen an Nahrung zu sich zu nehmen. Die Störung tritt häufig im pubertären Alter auf (überwiegend bei jungen Frauen), da die Jugendlichen in dieser Zeit versuchen, sich selbst zu finden und sich abzugrenzen. Häufig scheint dann essen bzw. nicht essen eine gute Möglichkeit zu sein, etwas zu kontrollieren, während alle anderen äußeren Faktoren und Veränderungen schwer zu kontrollieren sind. Das Hungern ist dabei oftmals mit Stolz über die eigene Leistung verbunden. Die Störung geht mit einem geringen Selbstwert und einer verzerrten Körperwahrnehmung einher. So empfinden sich Betroffene meist als viel zu dick, wohingegen Angehörige nur hilflos zusehen können, wie die Person entgegen der eigenen Überzeugungen immer mehr an Gewicht verliert. Eine Thematsierung oder „du must doch essen“ verstärkt die Problematik meist noch.

Man unterscheidet zwischen der restriktiven Magersucht, bei der Diäten, Fasten oder viel Bewegung zum Gewichtsverlust führen, und der bulimischen Magersucht, wobei mit Erbrechen und dem Gebrauch von Abführmitteln Heißhungerattacken entgegen gewirkt werden.

Bulimia nervosa

Auch von der Bulimia nervosa (Bulimie) sind häufig junge Frauen betroffen. Anders als bei der Magersucht weisen Betroffene häufig kein ausgeprägtes Untergewicht, sondern ein Normalgewicht auf, teilweise sogar Übergewicht. Bulimische Personen erleben häufig Essattacken, denen dann mit Erbrechen oder mit dem Missbrauch von Abführmitteln gegengesteuert wird. Häufig tritt beides im Wechsel auf. Auch bei der Bulimie geht es um die übermäßige Beschäftigung mit der eigenen Figur und dem Gewicht, jedoch haben Betroffene meist nicht so einen starken Bewegungsdrang wie bei der Anorexia nervosa.

Binge eating disorder

Binge-eating-disorder ist eine relativ junge Störung und Betroffene durchleben - wie bei der Bulima nervosa - mehre Essattacken pro Tag oder Woche. Jedoch fehlt das gegensteuernde Verhalten, d.h. die Betroffenen erbrechen nicht und gebrauchen auch keine Abführmittel, was häufig zu Übergewicht oder auch Adipositas (starkes Übergewicht) führt. Bei den Essanfällen werden große Mengen zu sich genommen; mehr als man normalerweise essen würde oder könnte.

Adipositas (starkes Übergewicht)

Adipositas ist eine chronische Krankheit, sie geht mit einer eingeschränkten Lebensqualität und hohem Risiko für Folgeerkrankungen einher. Die Betroffene leiden unter den körperlichen Folgen und unter der Diskriminierung in der Bevölkerung.

Für Essstörungen hat sich die Kognitive Verhaltenstherapie als effektiv erwiesen. Der Schwerpunkt liegt auf der Angstbearbeitung, der Gewichtskontrolle und dem Wahrnehmungstraining. Wichtig ist, dass ausführlich besprochen wird, dass mit der Bekämpfung der Krankheit auch ein Verlust einer „Hilfe“ einhergeht, da das abnormale Essverhalten der kurzfristigen emotionalen Stabilisierung dient. Dementsprechend müssen soziale Kompetenzen und andere Fertigkeiten aufgebaut werden, um realistische und langfristig gesündere Alternativen zu schaffen.

Schlafstörungen

Bei nichtorganischen Insomnien (ungenügende Dauer und Qualität des Schlafes) handelt es sich um Schlafstörungen, die mit keinen anderen psychischen oder körperlichen Erkrankungen oder einer Medikamenteneinnahme in Verbindung stehen. Jedoch steigt durch solch eine Schlafstörung das Risiko für eine psychische Erkrankung, wie Depressionen, Angsterkrankungen oder Alkoholabhängigkeit. Die Insomnie verläuft meist chronisch und geht aufgrund von Ein-, Durch- oder Ausschlafschwierigkeiten und mit einer Beeinträchtigung der Tagesbefindlichkeit einher.

Die Schlafanamnese stellt den Kernpunkt der Diagnostik in der Kognitiven Verhaltenstherapie dar. Dabei wird das Schlafverhalten und alle damit verbundenen Gedanken und Befindlichkeiten anhand strukturierter Interviews, Schlaffragebögen oder -tagebüchern erfasst. Zudem soll der Schlaf-Wach-Rythmus regelmäßig kontrolliert werden. Der Ansatzpunkt in der kognitiven Verhaltenstherapie sind die aufrechterhaltenden Faktoren der Insomnie, wie nächtliches Grübeln. Durch Techniken wie „Gedankenstopps“, gedankliche oder körperliche Entspannung soll dieser Teufelskreis langfrsitig durchbrochen werden.

Sexuelle Funktionsstörungen

Sexualität ist ein Thema, über das niemand gern spricht, schon gar nicht, wenn es in diesem Bereich Probleme gibt. Daher dauert es oft lange (auch in der kognitiven Verhaltenstherapie), bis eine sexuelle Funktionsstörung entdeckt wird und dann frei darüber gesprochen werden kann. Jeder Bereich der Sexualität kann betroffen sein, man orientiert sich dabei an dem sogenanten Gerüst des sexuellen Reaktionszyklus (Appetenz – Erregung – Orgasmus – Refraktärphase). Häufig werden sexuelle Handlungen aus Angst oder Scham gemieden, was langfristig gesehen zu einem langsamen Erliegen der Sexualität führen kann.

Sexuelle Funktionsstörungen lassen sich in folgende Kategorien gliedern:

  • Sexualaversion (absolute Vermeidung sexueller Situationen oder panikartge Reaktion auf sexuelle Reize)
  • Störungen sexuellen Verlangens (individuell zu bewerten, da sexuelles Verlangen von Grund auf verschieden, charakteristisch ist jedoch das Fehlen sexueller Fantasien, Wünschen und Handlungen)
  • gesteigertes sexuelles Verlangen (sexuelle Sucht oder Zwänge; Fehlregulation und Enthammung sexueller Handlungen, intensive und spontane Fantasien und Impulse)
  • Störungen sexueller Erregung (Erregungsstörung und Versagen veginaler Reaktionen bzw. Errektionsstörungen. Unterschied zwischen Erregungsstörungen beim Verkehr oder bei der Selbstbefriedigung)
  • Orgasmusstörungen (Erregung vorhanden, jedoch Abbruch vor Orgasmus, beim Mann häufig vorzeitige Ejakulation)
  • Nachorgastische Verstimmungen (Weinanfälle, Gereiztheit, Ekel oder depressive Verstimmungen nach dem Verkehr oder der Selbstbefriedigung. Keine Funktionsstörung, jedoch Vermeidung sexueller Aktivitäten)
  • Schmerzstörungen (Schmerzen im Zusammenhang mit sexueller Betätigung, wie stechen, brennen oder jucken; organische Ursachen sind ausgeschlossen)

Sexuelle Funktionsstörungen treten häufig im Zusammenhang mit phobischen Ängsten auf, wie zum Beispiel die Angst, dass die eigenen Genitalien als hässlich, missgebildet oder zu klein empfunden werden (Dysmorphophobie).

Für jede einzelne Kategorie dieser Störung gibt es spezielle Therapieansätze. Häufig sind dies Übungen oder Spiele mit dem Partner und allein, Genusstraining, sanftes Austesten der eigenen sexuellen Grenzen und Vorstellungen und den eigenen Körper kennenlernen.

Anpassungsstörungen

Eine Anpassungsstörung nach einem belastenden Lebensereignis (z.B. Berentung, Auszug aus dem Elternhaus, Schwangerschaft und Elternschaft), nach einer Trennung oder einem Verlust (z.B. Scheidung, Tod von Angehörigen, Arbeitsplatzverlust) oder bei einer problematischen Krankheitsbewältigung (z.B. bei Diabetes, Krebs, Tinnitus, Multiple Sklerose) ist gekennzeichnet durch starke Deprimiertheit, Angst, Besorgnis oder Anspannung. Die Symptome können dabei akut auftreten oder über einen längeren Zeitraum anhalten und beeinträchtigen erheblich die Lebensqualität und zwischenmenschlichen Beziehungen des Betroffenen. Dabei treten ähnliche Symptome und Empfindungen wie bei einer akuten Belastungsreaktion auf (Schwindel, Zittern, Herzklopfen, Hilflosigkeit, Schlafstörungen, z.T. Aggressivität und Suizidgedanken). Bei kleineren Kindern können sich die Symptome in Form von Daumenlutschen, Babysprache oder Einnässen äußern. Die häufigsten Auslöser sind Schwierigkeiten in der Partnerschaft oder im Beruf.

In der kognitivenVerhaltenstherapie liegt der Fokus zunächst auf der emotionalen Entlastung, also der Linderung von Angst oder Schuldgefühlen, und vor allem der Vermeidung von Selbstgefährdung des Patienten. Auch Bewältigungsstrategien werden im Laufe der kognitiven Verhaltenstherapie entwickelt und erlernt. Zudem ist es wichtig, dass der Patient gut in seinem sozialen Umfeld integriert ist und dadurch zusätzliche Unterstützung erhält. Bei schweren Anpassungsstörungen ist eine stationäre Aufnahme zu empfehlen.

Posttraumatische Belastungsstörungen

Die Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) ist gekennzeichnet durch die sogenannte „Symptomtriade“, bestehend aus belastendem Wiedererleben, Vermeidung traumarelevanter Reize und Anzeichen von Überreagierung nach einem als Trauma zu wertendem Ereignis. Eine PTBS entseht, wenn eine Situation durchlebt wurde, bei der die eigene körperliche Unversehrtheit oder die eines anderen gefährdet wurde. Dabei erlebten die Betroffenen meist Hilflosigkeit, intensive Angst oder Entsetzen. Infolge dessen wird diese Situation und die dazugehörigen Gefühle immer wieder durchlebt, sowohl im Wachen als auch im Schlafen. Man spricht von einer Akuten Belastungsstörung, wenn diese Symptome direkt nach der Traumatisierung auftreten, oft folgen sie erst verzögert.

Die kognitiven Verhaltenstherapie kann in Einzel- oder Gruppensitzungen, ambulant oder stationär erfolgen. Behandlungsziele sind aber immer die Veränderung der Interpretation und der Einstellungen gegenüber des Traumas und dessen Folgen, sowie der Abbau von vermeidendem Verhalten bzgl. der traumarelevanten Reize, wie z.B. Orte. Genau diese Konfrontation macht vielen Angst, ist jedoch für den Behandlungserfolg unerlässlich.

Persönlichkeitsstörungen

Persönlichkeitsstörungen sind tief im Charakter des Betroffenen verwurzelt und werden von diesem nicht als störend oder abweichend empfunden, da er der Auffassung ist, dass die Störung zu ihm gehört. Persönlichkeitsstörungen werden in drei Hauptgruppen unterteilt. Die Hauptgruppe A umfasst die sonderbaren und exzentrischen Charaktere, die dramatischen, emotionalen und launischen ordnet man der Hauptgruppe B zu und die Hauptgruppe C beinhaltet die ängstlichen Persönlichkeiten.

Hauptgruppe A (sonderbar, exzentrisch)

Zur Hauptgruppe A zählt zum einen die Schizoide Persönlichkeitsstörung, bei der Betroffene einen sozial isolierten Lebensstil und wenig emotionale Kompetenzen aufweisen.

Zum anderen ordnet man auch die Schizotypische Persönlichkeitsstörung der ersten Gruppe zu. Betroffene haben eine Art „sechsten Sinn“, glauben an das Übersinnliche und haben außergewöhnliche Wahrnehmungen oder Vorhersehungen.

Hauptgruppe B (dramatisch, emotional, launisch)

Die Hauptgruppe B beinhaltet zum einen die Dissoziale oder Antisoziale Persönlichkeitsstörung, bei der das Verhalten nur auf die Befriedigung eigener Bedürfnisse ausgerichtet ist und keine Schuld empfunden wird.

Auch die Histrionische Persönlichkeitsstörung zählt zu dieser Gruppe, da die Betroffenen eine übertriebene Emotionalität und das starke Bedürfnis nach Aufmerksamkeit und Anerkennung aufweisen, weshalb sie sich oft in den Mittelpunkt stellen und anderen Personen im Gespräch keinen Raum geben.

Borderline Personen hingegen weisen eine hohe Instabilität in zwischenmenschlichen Beziehungen auf und leiden unter Gefühls-, Selbstwert- und Wertvorstellungsschwankngen. Auch selbstgefährdendes Verhalten ist nicht ungewöhnlich.

Die vierte dieser Gruppe zugehörige Persönlichkeitsstörung ist der Narzissmus. Betroffene haben wenig Einfühlungsvermögen und sind überzeugt davon, etwas Besonderes zu sein, weshalb sie wenig kritikfähig sind.

Hauptgruppe C (ängstlich)

Dieser dritten Gruppe wird die Ängstlich vermeidende (selbstunsichere) Persönlichkeitsstörung zugeordnet, wobei es sich um eine schwere Form der Sozialen Phobie handelt. Betroffene vermeiden soziale Situationen, da sie sich für sozial ungeschickt oder unattraktiv halten und sehr selbstunsicher sind.

Die Dependente Persönlichkeitsstörung beschreibt die Unfähigkeit, eigene Entscheidungen zu treffen, die Vermeidung von Konflikten und die starke Verlustangst, sowie ein unterwürfiges Verhalten.

Zwanghafte Personen sind extrem perfektionistisch und gewissenhaft, haben einen hohen Anspruch an ihre eigene Leistung und geben keine Aufgaben ab. Zudem haben sie meist eine sehr strenge Vorstellung von Moral.

Personen, die unter einer Negativistischen (passiv-aggressiven) Persönlichkeitsstörung leiden, haben eine sehr negative und kritische Haltung anderen gegenüber und leisten „passiven Widerstand“ im sozialen Bereich, lehnen sich meist gegen Autoritätspersonen auf, indem sie bspw. Dinge einfach nicht tun („vergessen“), die sie nicht machen wollen.

Zuletzt zählt auch die Depressive Persönlichkeitsstörung zur dritten Hauptsgruppe und ist vor allem durch eine dauerhafte negative Grundhaltung gegenüber dem eigenen Leben und der Zukunft gekenzeichnet. Betroffene plagen Schuldgefühle und ein Gefühl des Unglücklichseins. Hinzu kommt eine dauerhafte Erwartung des Schlimmsten.

In der Kognitiven Verhaltenstherapie liegt der Fokus zunächst auf dem Aufbau der Therapie- und Veränderungsmotivation des Patienten, da dieser die Störung als festen Bestandteil seiner selbst sieht. Zudem ist bei vielen Patienten mit Persönlichkeitsstörungen die soziale Kompetenz wenig bis gar nicht vorhanden, weshalb auch die Relativierung der für den Umgang mit anderen ungünstigen Verhaltensweisen ein wichtiges Behandlungsziel ist. Auch Verhaltensexperimente sind Teil der kognitiven Verhaltenstherapie. Speziell für Borderline Patienten bietet sich die Dialektische Verhaltenstherapie an, bei der die für eine Borderline Persönlickeit typischen gegensätzlichen Einstellungen und Denkweisen integriert werden (z.B. „Ich liebe dich und ich hasse dich“). Dabei stellt die Akzeptanz des derzeitigen Zustandes die Grundlage für die Veränderungsmotivation dar. In der Gruppentherapie werden vor allem die innere Achtsamkeit, die zwischenmenschlichen Fähigkeiten und der bewusste Umgang mit Gefühlen thematisiert.

Stoffgebundene Süchte

Alkoholabhängigkeit

Alkohol ist das erste Suchtmittel, mit dem ein Kind oder ein Jugendlicher in Berührung kommt. Nicht jeder entwickelt im Laufe seines Lebens eine Abhängigkeit, doch häufig verstärkt sich der Konsum im Jugendalter. Eine Alkoholabhängigkeit wird allerdings erst sehr spät und oft nicht mal vom Hausarzt erkannt. Man unterscheidet zwischen vier verschieden Typen:

Der Konflikttrinker trinkt nur in bestimmten Situationen, in denen es für ihn scheinbar keine andere Bewältigungsstrategie gibt. Dem Rauschtrinker ist es trotz bester Vorsätze nicht möglich, nur kleine Mengen Alkohol zu trinken, was zu einem Kontrollverlust beim Konsum von Alkohol führt. Der Spiegeltrinker trinkt über den Tag verteilt Alkohol, um die Konzentration im Blut nie unter einen gewissen „Spiegel“ sinken zu lassen, da sonst Entzugserscheinungen auftreten würden. Als Periodisches Trinken bezeichnet man den Wechsel zwischen Abstinenz und Phasen des unkontrollierten Alkoholkonsums. Dem Betroffenen sind dafür keine Auslöser bewusst. Um eine Alkoholabhängigkeit diagnostizieren zu können, müssen folgende Kriterien stimmen:

Der Betroffene verspürt den Wunsch oder den Zwang, Alkohol zu konsumieren und zeigt diesbezüglich eine verminderte Kontrollfähigkeit. Auch Entzugssymptome und die fortschreitende Vernachlässigung von Interessen und Freunden sind deutliche Symptome einer Abhängigkeit, genauso wie der anhaltende Konsum trotz Wissen über die Folgen. Die sogennante Toleranz, also eine stetige Erhöhung der Dosis, um den gewünschten Effekt zu erzielen, ist sehr gefährlich und vertärkt den Teufelskreis der anderen Kriterien.

Für eine erfolgreiche kognitiven Verhaltenstherapie ist eine rechtzeitige Diagnose sehr wichtig. Leider ist dies häufig nicht der Fall. Dazu kommt eine meist fehlende Therapiemotivation von Seiten der Betroffenen. Die Schwerpunkte der Kognitiven Verhaltenstherapie sind vor allem die derzeitige Trinksituation und die dazugehörigen Gefühle, Gedanken und Wirkungserwartungen (kurzfristig und langfristig) und ob diese der Realität entsprechen. Zudem werden sogenannte „Trigger-Situationen“, also die Auslöser des Trinkens, und Alternativen zum Alkoholkonsum in solchen Momenten erarbeitet. Wichtig zu erwähnen ist die hohe Rückfallrate in den ersten drei Monaten nach Therapieende, worauf der Patient jedoch gleich zu Beginn der kognitiven Verhaltenstherapie vorbereitet wird.

Medikamenten- und Drogenabhängigkeit

Nicht jeder, der illegale Drogen konsumiert, ist automatisch abhängig. Die zentralen Merkmale der Sucht sind, wie beim Alkohol auch, die körperliche und psychische Abhängigkeit. Die körperliche Abhängigkeit zeigt sich vor allem in Entzugserscheinungen beim Absetzen der Droge oder des Medikaments. Die psychische Abhängigkeit ist gekennzeichnet durch ein unwiderstehliches Verlangen, einen Lustzustand herbeizuführen oder das Gegenteil zu vermeiden und depressive Reaktionen, falls dies nicht durch Medikamente oder Drogen ermöglicht werden kann. Äußerlich ist die Abhängigkeit u.a. an Überwachheit, verwaschener Sprache und Gangstörungen erkennbar. Ein Risikofaktor ist vor allem das soziale Umfeld, denn die Vefügbarkeit von Drogen ist die Voraussetzung für den Konsum.

In der kognitiven Verhaltenstherapie ist das wichtigste Ziel zunächst die Sicherung des Überlebens des Patienten. Danach folgt durch Abstinenz möglichst schnell eine Reduzierung oder Unterbrechung des Drogenkonsums, um schlimmere Folgeschäden zu vermeiden. Dann erst wird sich den anderen beeinträchtigten Bereichen gewidmet, wie den Schul- oder Arbeitsleistungen, dem sozialen Umfeld oder, falls gegeben, den anderen im Zusammenhang mit der Drogenabhängigkeit auftretenden Störungen. Der Entzug und die Entwöhnung werden theapeutisch begleitet, genauso sind auch Nachsorge und Rückfallprophylaxe Bestandteile der kognitiven Verhaltenstherapie.

Störungen der Impulskontrolle

Pathologisches Glückspiel

Die langsam fortschreitende Unfähigkeit, dem (Glücks-) Spiel zu entkommen, nennt sich Pathologisches (krankhaftes) Glücksspiel. Oftmals führt dies zu einer sehr eingeschränkten Lebensführung, da familiären oder beruflichen Verpflichtungen nicht mehr nachgegangen wird oder werden kann. Es gibt viele Ursachen, die z.T. in der Person oder deren Umwelt liegen, wie z.B. Stress, Überforderung oder Schwierigkeiten, sich an neue Situationen anzupassen. Wie auch bei einer Alkohol- oder Drogenabhängigkeit ist der Betroffene psychisch abhängig.

Diese psychische Abhängigkeit kann jedoch behandelt werden, indem das verselbstständigte „Fehlverhalten“ wieder verlernt wird. Dies ist ein mühsamer, aber möglicher Prozess. Dazu werden in der Kognitiven Verhaltenstherapie vor allem die Auslöser, aufrechterhaltenden Bedingungen, sowie auch die positiven und negativen Aspekte, die das Spielverhalten verstärken, herausgearbeitet. Zudem werden Alternativen zum Glücksspiel als scheinbar einzige Möglichkeit, auf bestimmte Faktoren zu reagieren, erarbeitet. Auch Schuldenregulierung steht im Mittelpunkt, da Betroffene meist in finanziellen Nöten sind. Das Begleichen der Schulden ist jedoch keine Lösung für die psychische Abhängigkeit, welche den Hauptgegenstand der kognitiven Verhaltenstherapie darstellt. Aufgrund der hohen Rückfallraten – auch nach erfolgreich abgeschlossener kognitiven Verhaltenstherapie – wird der Patient durch Methoden der Selbstkontrolle auch darauf vorbereitet.

Pathologische Brandstiftung (Pyromanie)

Die Pyromanie ist zwar eine sehr seltene, aber durchaus schädliche Störung für den Betroffenen selbst und vor allem andere Personen. Auslöser ist vor allem der Verlust der Impulskontrolle, es gibt aber noch weitere Faktoren, die schon im Kindes- oder Jugendalter dazu beitragen können. DAs führt dazu, dass die meisten Täter unter 18 Jahre alt sind. Mögliche Ursachen sind z.B. Aufmerksamkeitstörungen (ADS oder ADHS), Belastungen in der Familie und das soziale Umfeld. Oftmals weisen Betroffene auch andere sogenante Störungen der Impulskontrolle auf, wie z.B. sexuelle Störungen, Stehlen oder Alkoholmissbrauch.

In der Kognitiven Verhaltenstherapie werden soziale Fertigkeiten und der richtige Umgang mit Feuer trainiert. Auch die Erziehungsberechtigten müssen sich einem Training unterziehen, um einen positiven Einfluss auf ihre Kinder zu haben. Aufgrund der Schäden, die durch diese Störung entstehen, ist häufig eine Zusammenarbeit mit der Polizei oder der Feuerwehr angebracht.

Pathologische Stehlen (Kleptomanie)

Nur ein geringer Anteil der Fälle von Ladendiebstahl kann auf pathologisches Stehlen zurückgeführt werden. Das Hauptmerkmal ist das Entwenden von Gegenständen, die die Betroffenen (häufig Frauen) weder für den eigenen Gebrauch, noch wegen eines hohen materiellen Wertes benötigen. Es wird also ohne Grund gestohlen, sondern ausschließlch, weil der Betroffene dem Stehlen an sich und den damit verbundenen Erregungs- und Entspannungsgefühlen nicht widerstehen kann. Trotzdem geht das Stehlen häufig mit Schuldgefühlen einher, weshalb die entwendeten Gegenstände entweder verschenkt oder weggeworfen werden. Die Störung tritt fast nie allein auf, sie steht häufig im Zusammenhang mit Depressionen oder auch organisch bedingten Störungen, wie z.B. Amnesie (Gedächtnisverlust).

In der Kognitiven Verhaltenstherapie werden vor allem Strategien der Selbstkontrolle bei Diebstahlimpulsen erlernt. Bei einer vorliegenden depressiven Störung können auch Methoden der Depressionstherapie angewandt werden (s. Abschnitt „Affektive Störungen“). Teilweise ist auch das Verabreichen von Antidepressiva möglich.

Trichotillomanie

Die Trichotillomanie beschreibt eine Störung, bei der sich Betroffene die Haare ausreißen. Oftmals gehören nicht nur die Kopfhaare, sondern auch die anderer Körperstellen sowie die Wimpern dazu. Werden die Haare nach dem Ausreißen gegessen, spricht man von einer Triphophagie. Nicht selten tritt die Trichotillomanie gemeinsam mit einer Angststörung, Essstörung oder Depression auf.

Viele Betroffene wollen nicht auf das Ausreißen der Haare verzichten, da es für sie einen kurzfristigen Genuss darstellt. Dies erschwert natürlich die Therapiemotivation. Der Hauptgegenstand der Kognitiven Verhaltenstherapie ist in diesem Fall das Aufmerksamkeitstraining und die Erhöhung der Selbstkontrolle, da viele Betroffene sich routiniert und wie in Trance die Haare ausreißen. Auch Entspannungstechniken und Strategien bei möglichen Rückfällen sind wichtige Aspekte, die in der kognitiven Verhaltenstherapie behandelt werden.

Intermittierend explosible Störungsbilder

Personen, die in vergleichsweise harmlosen Situationen spontan mit dem Kontrollverlust über ihre aggressiven Impulse reagieren, leiden unter der intermittirend explosiblen Störung oder auch anfallsartig auftretender Reizbarkeit. Diese Aggressionen können bis hin zu schwerer Gewalt oder der Schädigung von Eigentum führen. Sowohl der aggressive Impuls als auch die Beruhigung erfolgen spontan und schnell, auch gehen diese Ausbrüche mit Selbstvorwürfen und Reue einher. Die Folgen können von hohem Ausmaß sein, da häufig Haftstrafen, Kündigungen der Arbeitsstelle oder Trennung der Familie die Konsequenzen sind. Häufig tritt diese Störungen im Zusammenhang mit Persönlichkeitsstörungen auf, wie z.B. der Borderline-Erkrankung. Es ist noch nicht ganz klar, ob es sich bei der intermittierend explosiblen Störung wirklich um eine eigenständige Störung handelt, oder ob die Aggression ein Symptom einer anderen Störung ist.

Die kognitive Verhaltenstherapie besteht vor allem aus Anti-Aggressions-Training und in dem Zusammenhang auch das Erarbeiten von zur Aggression alternativen Problemlösestrategien. Außerdem wird die Wahrnehmung der Risiken für den Verlust der Kontrolle trainiert und somit auch die Fähigkeit, die eigene Wut zu zügeln und sich angemessen und gewaltfrei auszudrücken. Auch ist es hilfreich, Angehörige mit einzubeziehen, da so schon im geschützten Raum neue Kommunikations- und Konfliktlösestrategien ausprobiert werden können.

Dissoziative Störungen

Dissoziative Störungen beschreiben Schrwierigkeiten der Bewältigung von traumatischen Erlebnissen, wie sexuellem Missbrauch, Autounfällen oder Naturkatastrophen. Man unterscheidet zwischen fünf Formen:

Dissoziative Amnesie

Betroffene der dissoziativen Amnesie sind nicht in der Lage, sich an Informationen traumatischer oder belastender Erlebnisse zu erinnern. Manchmal tauchen die Erinnerungen plötzlich wieder auf und alles regelt sich von selbst. Von einer Störung wird nur bei dauerhaftem Verlust der Erinnerung und bei erheblichem Leidensdruck gesprochen. Manchmal führt der Gedächtnisverlust sogar zum Verlust der persönlichen Identität. Die Störung des Gedächtnisses setzt durch ein Schädel-Hirn-Trauma oder einen Schlaganfall akut ein, durch Substanzmissbrauch ist der Beginn eher schleichend.

Dissoziative Fugue

Wenn Personen plötzlich aus ihrem gewohnten Umfeld verschwinden, stark verwirrt sind, sich nicht an Vergangenes erinnern können oder sogar eine völlig neue Identität annehmen, dann sind dies deutliche Anzeichen für eine dissoziative Fugue. Die neue Identität wird dabei von Außenstehenden meist als geselliger und aufgeschlossener als zuvor wahrgenommen. Der zweite Identitätswechseln, also wieder zurück zur ursprünglichen Identität, geht mit einem Verlust der Erinnerungen an das Trauma, was den Fugue-Zustand ausgelöst hat, einher.

In der kognitiven Verhaltenstherapie der dissoziativen Amnesien und Fuguen wird vor allem auf die Wiederherstellung der Erinnerungsfähigkeiten hingearbeitet. Anschließend müssen die aufkommenden, traumatischen Erinnerungen integriert und verarbeitet werden; dies wird selbstverständlich therapeutisch begleitet und unterstützt. Wenn die Erinnerungen in den Tehrapiegesprächen nicht zurückkehren, können auch Maßnahmen wie die Hypnose ergriffen werden. Patienten mit dissoziativen Störungen sprechen im Allgemeinen gut auf dieses Verfahren an.

Depersonalisationsstörung

Depersonalisierung gilt als die häufigste Reaktion auf traumatische Erlebnisse und ist somit ebenfalls ein Kennzeichen anderer dissoziativer Störungen und der posttraumatischen Belastungsstörung. Die Depersonalisationsstörung umfasst zwei Bereiche. Die Depersonalisation ist vor allem gekennzeichnet durch ein Gefühl der Fremdheit, Irrealität, Abtrennung und Ungewohntheit der eigenen Person und der Umwelt gegenüber. Die Derealisation hingegen beschreibt die veränderte Wahrnehmung der Umgebung; so kann eine vertraute Umgebung plötzlich fremd oder verändert erscheinen und umgekehrt wirkt eine unbekannte Umgebung bekannt. Generell beschreibt der Begriff „Detachment“ das dominierende Gefühl der Selbstentfremdung ganz gut. Der Betroffene erlebt alles wie im Film oder fühlt sich wie ein Roboter. Auch beschreiben Patienten oftmals eine Art Trance-Zustand, in dem sie zeitweise nichts fühlen, außer dem Gefühl der Selbtentfremdung. Depersonalisation kann zudem verschiedene Folgen haben, wie Angststörungen, Depressionen, Zwangsgedanken oder auch hypochondrische Befürchtungen (die Angst bzw. die Überzeugung, krank zu sein).

Konversionsstörungen

Die Konversionsstörung kann sowohl den dissoziativen als auch den somatoformen Störungen zugeordnet werden, da es sich um organisch nicht erklärbare Symptome oder Ausfälle der sensorischen oder motorischen Funktionen handelt. Falls dies der Fall ist, liegt meist eine psychisch bedingte Störung in Form eines Traumas, einer Belastung oder eines Konfliktes vor. Der Unterschied zur somatoformen Störung ist hier die Verdrängung einer körperlichen Funktion nach einem belastenden Lebensereignis. Diese Beeinträchtigung der körperlichen Funktionen kann sogar bis zu teilweiser oder vollständiger Bewegungsunfähigkeit führen, zum Verlust der Sehrschärfe oder auch zum Ausbleiben normaler Reaktionen (Blinzeln, Zuammenzucken bei lauten Gesräuschen, etc.). Die Störung darf nicht mit Epilepsie, Migräne oder Hirntumoren verwechselt werden, weshalb eine neurologische Abklärung für die Diagnose unvermeidlich ist.

Um den Teufelskreis des Trance-Zustandes zu durchbrechen, werden in der kognitiven Verhaltenstherapie Möglichkeiten zur Aktivierung der sensorischen Systeme erarbeitet. Dies sind vor allem starke Gerüche oder Geräusche, die die Sinne reizen. Außerdem werden die auslösenden Ereignisse der dissoziativen Zustände (Trance, motorische oder sensorische Ausfälle) herausgearbeitet und der richtige Umgang mit solchen Situationen erlernt und erleichtert.

Dissoziative Identitätsstörung

Personen, die unter der dissoziativen Identitätsstörung leiden, haben zwei Persönlichkeiten, die abwechselnd die Kontrolle über sie haben. Oftmals ist der Auslöser ein sehr traumatisches Erlebnis in der Vergangenheit des Betroffenen. Hauptmerkmal ist vor allem die Unfähigkeit, alle Aspekte der Identität oder des Gedächtnisses zu einem Gesamtbild zu integrieren. Somit kann kein ganzheitliches Selbstbild entstehen und die Personen zeigen wechselnde Persönlichkeitsmuster und -eigenarten. Der Wechsel dieser Persönlichkeiten kann innerhalb von Sekunden erfolgen und wird meist ausgelöst durch akute psychische Belastungen oder emotionale Erlebnisse (Musik, Betroffenheit, etc.). Fast immer stehen andere psychische Störungen im Vordergrund, weshalb die dissoziative Identitätsstörung meist erst sehr spät erkannt oder sogar verkannt wird.

Das Hauptziel der kognitiven Verhaltenstherapie ist die Integration der verschiedenen Persönlichkeitsmuster und Identitäten zu einem stimmigen Gesamtbild. Dafür ist eine stabile Therapeut-Patient-Beziehung die wichtigste Voraussetzung. Die therapeutischen Gespräche finden teilweise unter Entspannung oder Hypnose statt, um dem Patienten das Wiedererleben zu erleichtern. Durch Videoaufzeichnungen wird er mit seinem rollentypischen Verhalten in unterschiedlichen Situationen konfrontiert. Desweiteren sollen auch zwischenmenschliche Beziehung intensiviert und gefestigt werden.